Shakespeare-Festival ohne Andreas Giesen
Andreas Giesen hat sich selbstständig gemacht und arbeitet jetzt als Coach und Berater unter anderem auch in der regionalen Kulturszene. Der Produktionsleiter hat auch die Tanzwochen und Zeughauskonzerte organisiert – und gekündigt.
Von Helga Bittner
Dass diese Zusammenarbeit mal in einer Art Symbiose enden könnte, hat am Anfang wohl niemand gedacht. Der eine – Andreas Giesen – aus der Rockszene kommend, der andere – der heutige Kulturreferent Rainer Wiertz – für die neue Hochkultur zuständig: „Das war wie Feuer und Wasser“, sagt Giesen lachend. 1989 kam der „arbeitslose Erzieher“, der Rockkonzerte und -bands im Geschwister-Scholl-Haus und auch im Haus der Jugend managte, über eine (damals noch existierende) Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das Kulturamt an die Organisation der Deutschen Chorkonzerttage. Und „rutschte danach mit viel Glück“, wie er sagt, in das Veranstaltungsmanagement der Internationalen Tanzwochen unter Programmmacher Wiertz hinein.
Zeughauskonzerte, Shakespeare-Festival kamen dazu, und das Ganze wuchs sich zu einer „Super-Zusammenarbeit“ aus, sagt Giesen. Kaum denkbar, dass das mal ein gewolltes Ende finden könnte. Aber genau das ist jetzt passiert. Ein Jahr vor dem Silberjubiläum dieser Zusammenarbeit geht Andreas Geisen. Er hat gekündigt, arbeitet jetzt als freiberuflicher Coach und Berater.
Warum? Der sonst so impulsive Mann reagiert nachdenklich. Geht rund ein Jahr zurück, zu einem Unfall, der Operation und Krankenhausaufenthalt nötig machte und im Nachhinein wie der Anfang einer Kette von gesundheitlichen Problemen wirkt. Mehrere Operationen und ein Leben im Krankenhaus über rund ein halbes Jahr hätten ihn nachdenken lassen, sagt er. Über sein Leben, über das, was er hat und was er will. „Weitermachen wie bisher oder den nächsten Schritt wagen und mich weiterentwickeln?“ sei die Kardinalfrage für ihn gewesen.
Die fiel gewissermaßen in die Hochzeit seiner Arbeit beim Kulturamt – der Vorbereitung und Organisation des Shakespeare-Festivals im Globe. Über die Jahre hatte Giesen als Produktionsleiter ein Team aufgebaut, Organisationsstrukturen geschaffen, die nun, auch ohne ihn, wunderbar funktionierten. „Mich hat es eigentlich erstaunt, dass mir diese Erkenntnis nicht das Herz gebrochen hat“, sagt er, „sondern mich im Gegenteil mit Freude erfüllte“. Das war sozusagen das letzte Quäntchen, um zu sagen: „Ich gehe.“
Und so macht er nun, was ihn schon immer interessierte: die Arbeit als „Systemischer Coach und Berater in der Kulturszene“. Dafür hat er zusammen mit Petra Worms eine Firma gegründet, die ersten Aufträge schon abgearbeitet und studiert berufsbegleitend noch Betriebspsychologie. „Ich hätte gedacht, dass mir diese Selbstständigkeit nach den vielen Jahren im öffentlichen Dienst auch ein bisschen Angst macht“, sagt der 47-Jährige, „und bin richtig überrascht über meine Leichtigkeit“.
Dass seine neue Arbeit ohne die alte nicht denkbar wäre, steht für Andreas Giesen außer Frage. „Ich habe schon immer eine Händchen für Organisation und Kunden gehabt“, sagt er, „aber von Rainer Wiertz habe ich sehr viel über Geschmackskriterien gelernt“. Und so klingt es dann nach Respekt, aber auch ein bisschen Wehmut, wenn er von diesem wunderbaren „Wir-Erfolg“ der vergangenen Jahre spricht.